Propagandapostkarte aus Erding

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Titel

Propagandapostkarte aus Erding

Beschreibung

Wer seine Post so frankierte, tat dies sehr wahrscheinlich aus Überzeugung und zur Unterstützung des sog. "Kulturfonds des Führers". Die Briefmarke, die an die Übergabe von Helgoland ans Deutsche Reich 1890 erinnerte, war dafür in jeder Hinsicht zu teuer.

Der Text auf der Rückseite der Ortspostkarte vom 6. November 1940 lautet: „Meine Liebe! Ich hoffe, daß du morgen bestimmt kommst, sonst bin ich dir sehr böse. Deine Hedy.“

Eine Ortspostkarte kostete nur 5, nicht 6 Pfennige, und zweitens, etwas verdeckt vom 1938 eingeführten Ortswerbestempel „ERDING / 700 Jahre / Stadt am Moos“, lautete der Zuschlag, der beim Verkauf der Marke erhoben wurde, satte 94 Pfennige! Diese simple Postkarte kostete ihre Absenderin also eine Reichsmark. Zum Vergleich: Ein Facharbeiter verdiente 1939 im Schnitt 79 Pfennige pro Stunde, eine Facharbeiterin 51,5 Pfennige.

Für die 340 Sondermarken, die von 1933 bis 1945 im Dritten Reich erschienen, zahlten die Sammler*innen nicht nur einen reinen Frankaturwert von 53,09 RM, sondern noch einmal 60,48 RM an Zuschlägen. Die letzte Sondermarke ohne jeden Zuschlag erschien 1942. Für die danach noch erscheinenden 89 Briefmarken im Nominalwert von 12,70 RM kassierte die Post exorbitante Zuschläge in Höhe von 22,95 RM. Einzelne Briefmarken kosteten deshalb bis zu 1,50 RM. Für einen gewöhnlichen Fernbrief waren 12 Pfennige fällig.

Wohin floss das Geld? In die Taschen des „Führers“. 1937 wurde eigens für ihn ein „Kulturfonds“ geschaffen, in den ein Großteil der Zuschläge auf Briefmarken floss. Bis zum 31. März 1945 summierten sich die Einnahmen aus Verkaufserlösen von Sonderbriefmarken und Postkarten des Deutschen Reichs und des Protektorats Böhmen und Mähren zugunsten des Kulturfonds auf etwa 52,5 Millionen Reichsmark, nach heutiger Kaufkraft mehr als 200 Millionen Euro. Hitler finanzierte damit tatsächlich Kunstankäufe, aber auch Geschenke an Gefolgsleute.

Wohin das Geld floss, teilte die Reichspost ihrer Kundschaft übrigens auf den Papiertütchen mit, in die sie die Marken beim Schalterverkauf häufig steckte.

Quelle

Dietmar Schmitz

Datum

11/1940

Typ

Postkarte

Identifikator

779

Zitat

“Propagandapostkarte aus Erding,” Onlinearchiv zur NS-Geschichte im Landkreis Erding, accessed 24. April 2024, https://erdinggeschichte.omeka.net/items/show/3561.

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